Das Netz vergisst nichts

20. September 2010 Aus Von Linda

Die Debatte um den Straßenbilder-Dienst Google Street View macht vielen Verbrauchern Angst: Sie fürchten, ihre Daten im Internet nicht selbst kontrollieren zu können. Sehr häufig sind es allerdings die Internetnutzer selbst, die Datenspuren im Netz hinterlassen. Diese Daten werden sie kaum löschen können – denn das Netz vergisst nichts.

Selbst die Spuren längst vergessener, mehr als zehn Jahre alter Internetausflüge sind mitunter noch präsent. Wer nach Informationen über sich selbst sucht, erlebt mitunter Überraschungen: Dutzende Fundstellen listen Beruf, Alter, Wohnanschrift, private Hobbies, Forenkommentare oder Bilder auf. Die meisten der später womöglich heiklen Daten haben Surfer unbedacht selbst preisgegeben und längst vergessen.

Diese Daten zu löschen ist aufwendig – und der Versuch, die Hoheit über die eigenen Daten zurückzuerobern, ist nur selten von Erfolg gekrönt. „Wenn es innerhalb der EU noch eine gewisse Chance gibt, Daten zu löschen, wird es außerhalb recht schwer“, sagt Falk Lüke, Internetexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Denn der Anspruch auf Löschung ist eine Sache; eine andere ist, ihn auch durchzusetzen.

Die erste Hürde ist, die im Netz umherschwirrenden personenbezogenen Daten mit der Hilfe von Suchmaschinen zu finden. „Man sollte nicht nur mit Google suchen, sondern etwa auch Yahoo oder die Suchmaschine Bing probieren“, rät Holger Bleich, Onlineexperte des Computermagazins „c’t“. Meta-Suchmaschinen wie Metager nutzen sogar gleich rund zwei Dutzend weitere Suchmaschinen für das Aufspüren und bieten entsprechend mehr Treffer. Weitere Dienste wie etwa Yasni haben sich zudem auf Personensuche spezialisiert.

Wer unvorteilhaft wirkende Daten löschen will, muss sich dann zunächst an den Betreiber der Seite wenden und auf der Löschung bestehen. Weigert sich der Webmaster, einen alten Foreneintrag vom Netz zu nehmen, hilft allenfalls der Weg zum Anwalt. Auch Suchmaschinen selbst speichern teils Kopien von Inhalten – dann müssen sich Nutzer direkt an diese wenden, um eine Löschung zu erreichen.

Viele persönliche Daten hinterlassen Nutzer meist bei sozialen Netzwerken. Deutsche Dienste unterliegen dem hiesigen Datenschutzrecht. Dort müssen Nutzer ihre Daten explizit freigeben, wenn sie sichtbar sein sollen. Wird das Konto gelöscht, verschwinden auch die meisten Daten. Beiträge auf digitalen Pinnwänden bleiben indes erhalten, der Name des Verfassers wird jedoch anonymisiert. Freilich hilft alles nichts, wenn ein Internetfreund vorher Daten kopiert und andernorts ins Netz stellt.

Besonders schwer ist es aber, bei ausländischen sozialen Netzwerken oder Foren Daten zu löschen. „Die reagieren sehr träge, wenn überhaupt“, sagt „c’t“-Experte Bleich. Bei Facebook etwa sind die Standard-Datenschutzeinstellungen sehr locker, der Nutzer muss sie von Hand verschärfen. Auch lassen sich zwar Profile löschen, doch die dahinter stehenden Daten bleiben oft erhalten.

Längst haben sich Internetfirmen darauf spezialisiert und bieten gegen Bares die bequeme Löschung missliebiger Daten an. „Das hilft aber nicht viel, denn die Unternehmen haben nicht viel mehr Möglichkeiten als jeder Privatmann“, sagt Bleich. Beauftragen sie einen Rechtsanwalt, kann das deutlich teurer werden, als wenn Internetnutzer selbst die Arbeit übernehmen. Als Zusatzservice wird oft noch ein sogenanntes Reputationsmanagement offeriert. Dabei werden positive oder neutrale Daten über eine Person ins Internet geladen und so optimiert, dass sie bei Suchmaschinen ganz vorn auftauchen. Sie sollen missliebige Einträge nach hinten verdrängen und scheinbar verstecken.

Die beste Vorsorge gegen unvorteilhafte Einträge oder peinliche Bilder kann jedoch jeder selbst treffen: Gesunder Menschenverstand und ordentliches Benehmen im Internet bieten nahezu eine Garantie für eine blütenweiße Online-Reputation.